BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Kreisverband Haßberge

An der Energiewende führt kein Weg vorbei

Rund 140 Zuhörer bei der Windkraft-Veranstaltung der Grünen in Rügheim

Hassbergkreis   An der Energiewende führt auch im Landkreis Haßberge kein Weg vorbei. Dieses Fazit brachte die Informationsveranstaltung von Bündnis 90/Die Grünen am Dienstagabend im Rügheimer Schüttbau vor rund 140 Zuhörern.

Die grüne Kreisrätin und Landrats-Kandidatin Rita Stäblein eröffnete die Veranstaltung mit einem kleinen Ausflug in die jüngste Geschichte: „Wieso Atomkraft, bei uns kommt der Strom aus der Steckdose.“ Dieser Slogan aus den 80-er Jahren verdeutliche sehr gut, wie verkürzt die Energieversorgung noch vor 30 Jahren thematisiert worden sei. Nach Tschernobyl und Fukushima sei die Diskussion um unsere zukünftige Stromversorgung jedoch in der Gesellschaft angekommen. Kritisch sah Stäblein das Verhalten der Regierung in Berlin, das zu großer Verunsicherung bei den Bürgern geführt habe.

Um die Bedeutung der Windkraft im Energiemix der Zukunft - auch im Landkreis Haßberge – zu verdeutlichen, waren zahlreiche Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Umweltschutz geladen, insgesamt folgten etwa 140 Interessierte der Einladung der Haßberg-Grünen. Durch den Abend moderierten sehr gekonnt die drei grünen Vorstandsmitglieder Katrin Müller, Harald Kuhn und Matthias Lewin.

Den Vortragsreigen eröffnete der 1. Bürgermeister der Stadt Hofheim, Wolfgang Borst. Die Kommunen seien verantwortlich für die Daseinsvorsorge der Bürger, dazu gehöre auch die Energieversorgung. In seiner Funktion als Bürgermeister trage er darüber hinaus die Verantwortung für die Verwendung kommunaler Gelder. Im Bau von Windkraftanlagen wie des Bürgerwindparks WK 88 im Sailershäuser Wald, sieht Borst eine gute Möglichkeit Einnahmen zu erzielen, die den Kommunen und dem Landkreis zugute kommen.

Gelänge es, 40 Prozent der Energieversorgung im Landkreis aus regenerativen Energien zu schöpfen, ergäbe sich im Zeitraum von 20 Jahren eine Rendite von zwei Milliarden Euro, so Borst. Zudem verhindere man mit der „Energie in Bürgerhand“, dass Fremdinvestoren die Energiege­winnung an sich reißen und letztlich den Preis diktieren.

Martin Stümpfig, Landtagsabgeordneter und energiepolitischer Sprecher von Bündnis 90/die Grünen, referierte über die politischen Rahmenbedingungen der Energiewende. Sowohl die Vorgaben des bayerischen Landtages, als auch die des Bundes sieht er als sehr problematisch an. Das Moratorium gegen den Stromtrassenbau sowie die höhenbezogene Abstandsregelung und die Änderung des EEG erschwerten den Ausbau regenerativer Energien. Ab 2017 solle gar ein Ausschreibungsmodell gelten, das dann wieder Großkonzernen Tür und Tor öffne und Energie aus Bürgerhand quasi unmöglich mache. Es sei daher wichtig zu handeln, solange die gesetzlichen Rahmenbedingungen dies noch zuließen.

Professor Dr. Thomas Foken von der Universität Bayreuth beleuchtete das Thema Windkraft von einer weiteren Seite. Abgesehen davon, dass der Vorrat an fossilen Energieträgern wie Kohle, Gas und auch Uran, zur Neige gehe, müsse der CO²-Ausstoß Deutschlands bis zum Jahr 2050 auf 85 bis 90 Prozent des Jahres 2000 reduziert werden, damit die Erderwärmung nicht um mehr als 2° ansteige. Extreme Wetterlagen, wie auch in diesem - bei uns nicht vorhandenen - Winter, das Schmelzen der Polkappen und eine zunehmende Versteppung in vielen Teilen der Erde seien bereits jetzt spürbar und würden noch zunehmen. Völkerwanderungsbewegungen, gegen die die schrecklichen Ereignisse vor Lampedusa ein Lappalie seien, kämen auf uns zu.

Die Versorgung der Bevölkerung durch regenerative Energien sei deshalb schlichtweg eine Notwendigkeit. Dass der Umbau der Energieversorgung dabei in den kommenden 35 Jahren nicht wahllos erfolgen solle, sei dabei selbstverständlich. Zum Schluss wies Professor Foken darauf hin, dass 50 Prozent des Energiebedarfs schlichtweg eingespart werden könnten, würde man mit Energie sorgsamer umgehen.

Aus Bürgersicht erzählte Biobauer Udo Rumpel aus Mühlhausen bei Werneck, wie er selbst zum Initiator von zwei Bürger-Windkrafträdern in seiner Gemeinde wurde. Sein Fazit: Er würde es immer wieder so machen: Die Windräder seien vor zwölf bzw. elf Jahren ans Netz gegangen, mittlerweile abgeschrieben und liefen technisch einwandfrei. Im Jahr produzieren sie 1,4 Millionen Kilowattstunden Strom. Insgesamt 55 Bürger sind Anteilseigner und erwirtschaften mit dem Wind drei bis vier Prozent Zinsen. Außerdem profitiere der Markt Werneck von der Gewerbesteuer.

Anschließend erläuterte Manfred Dürr, Vorstandsmitglied des Regionalverbandes Unterfranken im Bundesverband Windenergie, das Verfahren und die gesetzlichen Vorgaben rund um den Betrieb von Windkraftanlagen. Ein umfangreiches Emissionsschutzverfahren sei Voraussetzung zur Genehmigung von Windrädern. Im Rahmen dieses Verfahrens würden Fragen rund um den Standort und den Betrieb der Anlagen geklärt. Zahlreiche Gut­ach­ten zu Windhöffigkeit, Landschafts- und Artenschutz, Schall und  Schattenwurf seien erforderlich, um eine Genehmigung für den Betrieb von Windkraftan­la­gen zu erhalten. Dabei seien die Vorgaben im Bereich des Lärmschutzes ungleich strenger als beispielsweise im Bereich Verkehrslärm.

Erich Waldherr, Energiereferent des Bund Naturschutz in Schweinfurt, widmete seinen Vortrag dem Thema Tier- und Naturschutz. Die Tatsache, dass Vögel und Fledermäuse durch die Rotorblätter der Windräder zu Schaden kämen, sei nicht zu leugnen. „Tatsache ist aber auch, dass 300 Mal mehr Vögel und 100 Mal mehr Fledermäuse durch den Straßenverkehr zu Tode kommen - und den verbietet ja auch keiner“, sprach sich auch Waldherr für die Windkraft aus.

Den Abschluss bildete Gunther Häckner von der GUT Haßberge. Er fasste die vorgenannten Punkte noch einmal zusammen: Fossile Energieträger gehen zur Neige, der Klimawandel zwingt uns zur CO²-Einsparung, Atomenergie birgt zu viele Risiken und hinterlässt radioaktiven Abfall. Zudem müssten Menschen in anderen Ländern  die Konsequenzen unseres Energiekonsums tragen.

Sein Fazit: An der Energiewende führt kein Weg vorbei. Die Standortwahl und die Menge der Anlagen müssen an die örtlichen Gegebenheiten angepasst werden. In Bezug auf die WK 88 bestünden keine Zweifel, dass alle relevanten Kriterien erfüllt seien, dies würden umfangreiche Gutachten belegen. Seit dem Planungsbeginn 2012 seien 500 Seiten Anträge gestellt und genehmigt worden. In den nächsten Tagen würde die Genehmigung des Projektes erwartet.

In der anschließenden Diskussion stellten die Zuhörer den Referenten ihre Fragen. Einige Bürger befürchteten eine „Verspargelung“ der Landschaft, wenn die gesamte Energie regenerativ gewonnen werden solle. Hier ließen die Referenten keinen Zweifel daran, dass eine rein regenerative Energieversorgung in Bayern auf absehbare Zeit nicht umsetzbar sei. Es gehe darum, den Anteil der Windkraft im Energiemix zu erhöhen, und hier habe gerade Bayern großen Nachholbedarf.

Die Angst vor Infraschall konnte Professor Foken zerstreuen: „Jeder, der schon einmal an einer Küste Urlaub gemacht hat, kam in direkten Kontag zu Infraschall. Und wer da nicht sofort in ein Krankenhaus musste, der braucht sich vor dem Infraschall durch Windräder nicht zu sorgen.“

Auch die Frage, wie Schwankungen im Stromnetz ausgeglichen würden und überschüssige Kapazitäten gespeichert werden können, trieb die Bürger um. Hier müsse man umdenken, antworteten die Experten, denn neue Technologien ermöglichten einen deutlich flexibleren Umgang mit Energie, und das Speicherproblem würden deutsche Ingenieure sicherlich in absehbarer Zeit lösen.

Auch Fragen nach der Wirtschaftlichkeit sowie den Folgen einer möglichen Insolvenz der Betreiber der geplanten Anlage wurden an das Podium gestellt. Derlei Anlagen müssten alle per Bankbürgschaft abgesichert sein, sonst erfolge keine Genehmigung für den Betrieb. Auch ein Rückbau sei auf diese Weise abgesichert, so Häckner. Die Wirtschaftlichkeit der Anlage sei auf Herz und Nieren geprüft worden, waren sich alle in den Betrieb von WK 88 involvierten Personen einig. Der letzte Redner aus dem Publikum brachte es schließlich auf den Punkt: „Jede Kilowattstunde, die umweltverträglich erzeugt wird, birgt auch einen finanziellen Wert in sich.“   

zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>