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Wonfurt. Das Steinzeitalter war gestern. Heute leben wir im Ölzeitalter. Und morgen? Im Solarzeitalter, wenn es nach dem Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell von den Grünen geht. „Möglich und nötig", sagt er mit Nachdruck, „ist das nicht erst in Jahrhunderten, sondern in wenigen Jahrzehnten". Bei der gutbesuchten Veranstaltung im Wonfurter Feuerwehrhaus beantwortete zudem Handwerksmeister Johannes Schramm aus Nüdlingen technische Fragen zur Fotovoltaik und Rudolf Göpfert von der Raiffeisen-Volksbank Haßberge erläuterte die dazu gehörige Finanzierung.
Mit anschaulichen Grafiken und eindrucksvollen Zahlen untermauerte der Hammelburger, der seit elf Jahren im Bundestag sitzt, seine Argumente. Gleich zu Beginn erinnerte er daran, wie schnelllebig der öffentliche Meinungswandel ist. Als er bereits in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Umstellung auf erneuerbare Energien propagierte, war das eine „abstruse Außenseitermeinung". Heute sind alle - zumindest verbal - auf den grünen Zug aufgesprungen, „auch die, die ihn jahrelang vehement bekämpft haben".
In diesem Zusammenhang kritisierte der ehemalige Gymnasiallehrer die stellvertretende Generalsekretärin der CSU, Dorothee Bär. Die hatte kürzlich behauptet, dass das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), das die Stromeinspeisung regelt, auf die Initiative eines CSU-Bundestagsabgeordneten zurück gehe. In Wahrheit sei das EEG gegen den erbitterten Widerstand von Union und FDP mit rotgrüner Politik durchgesetzt worden, so Fell. Sowohl die Verabschiedung des EEG im Jahre 2000, als auch die große Novelle im Frühjahr 2004 haben Union und FDP im Bundestag abgelehnt.
Zitat Hans-Josef Fell: „Die Situation ist viel dramatischer, als alle glauben."
(Zur Frage, wie lange die Vorräte bei Erdöl und -gas noch reichen).
Die gegenwärtige Wirtschafts- und Finanzkrise sei wesentlich eine Energiekrise, analysierte Fell. Es sei kein Zufall, dass die Krise zu einem Zeitpunkt ausgebrochen sei, als der Ölpreis auf historischem Höchststand war. Denn Erdöl ist eine beschränkte Ressource. Renommierte Institute gehen davon aus, dass zurzeit das Maximum der Erdölförderung erreicht oder bereits überschritten ist. Lange bevor der letzte Tropfen Erdöl verbraucht sein werde, komme es zu extremen Preissteigerungen, da die Erdölnachfrage nicht mehr gestillt werden könne.
Der Vizepräsident von Eurosolar fordert von Politik und Wissenschaft vernetztes, ganzheitliches Denken und Handeln. Er ist sich mit dem Publizisten Dr. Franz Alt einig, dass angesichts ungelöster Atommüllprobleme und rasanter Klimaveränderung „atomare und fossile Energieträger der Vergangenheit angehören". Um die Herausforderungen zu meistern, sei dreierlei nötig: erstens Energiesparen etwa durch intelligenten Hausbau, Isolierverglasung und Wärmedämmung, zweitens die verstärkte Förderung der erneuerbaren Energien wie Solar, Wind und Biomasse und drittens das Herausholen von Kohlenstoff aus der Atmosphäre durch großflächige Aufforstungen und Humusaufbau mittels biologischer Landwirtschaft.
Am Beispiel der Solarenergie zeigte der Energieexperte der Grünen, dass es sich rechnet. Während für die EEG-Umlage 3,2 Mrd. Euro an Kosten anfallen, spare man bei der Stromproduktion 7,8 Mrd. Euro für Öl und Gas, das man nicht kaufen müsse. Bei den erneuerbaren Energien sei Deutschland Weltmarktführer und dieser Bereich sei eine Stütze der deutschen Wirtschaft: mehr als 280.000 Arbeitsplätze seien hier entstanden. Zum Vergleich: In der Atomwirtschaft gibt es gerade mal 38.000 Beschäftigte.
Ein erklecklicher Teil der Kugellagerproduktion fließe in Windkraftanlagen und sichere so zahlreiche Arbeitsplätze in der Industrie. Auch in den Schaeffler Werken in Schweinfurt und Ebelsbach. Da sei es mehr als unverständlich, dass Landrat Handwerker neue Windräder generell unterbinden wolle. Nach Fells Auffassung sind die entsprechenden Beschlüsse rechtswidrig, denn der Gesetzgeber auf Bundesebene „wollte selbst in Naturparks kein Pauschalverbot der Windkraft".
Der Energieexperte nahm auch zu den in letzter Zeit viel diskutierten Fotovoltaik-Freiflächenanlagen Stellung. Er stellte klar, dass das keine Flächenversiegelung sei, vielmehr entwickelten sich unter den Modulen zahlreiche seltene Tier- und Pflanzenarten. Allerdings hält er Großanlagen auf besten Ackerböden für problematisch, da diese Felder vorrangig der Nahrungsmittelerzeugung dienen sollten. Wo immer möglich, sollten derartige Anlagen auf Grenzertragsböden gebaut werden.
Beim Umgang mit Pflanzenöl, so der 59jährige Abgeordnete, sehe man die fatale Politik der großen Koalition. An der Abschaffung der Steuerbefreiung hätten nur die Mineralölkonzerne verdient. Die Ölmühlen auch in unserer Region seien in den Ruin getrieben worden. Den nun gesetzlich vorgeschriebenen Beimischzwang mit Pflanzenöl bewerkstelligen die Konzerne mit billigem Palmöl aus Indonesien.
Fell befürchtet, dass Deutschland durch verkehrte politische Weichenstellungen und fehlende Forschungsmittel in Sachen Elektroautos den internationalen Anschluss verpasst. Japaner und Chinesen seien da schon weiter. Genau wie bei der neuen Batterietechnik. Dank einer neuartigen Lithium-Ionen-Batterie erreicht sein Elektroflitzer eine Reichweite von 120 km, bevor er wieder aufgeladen werden muss. Es schmerzt den Umweltpolitiker, dass solche innovativen Produkte nur aus China kommen.
Text: Manfred Wagner
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